Die beliebte Cheerleaderin und der breitschultrige Footballer, in den alle verliebt sind: Natürlich war mir bewusst, dass das Filmklischees sind. Trotzdem ist der Schulalltag an einer amerikanischen High School anders als in Deutschland: Seit dem Moment, als ich das erste Mal die Oceans Lake High School betreten habe, um meine Schulfächer zu wählen, bin ich fasziniert. Neben den Fächern, die wir aus Deutschland kennen, gibt es hier Gebärdensprache, Fotografie, Gewichtheben und vieles mehr. Das ergibt Sinn, da das hier eine Schule für alle ist. Besonders Feuer und Flamme bin ich bei Astronomie, Psychologie und amerikanischer Geschichte. Mein Advanced Placement(AP) Psychologiekurs findet sogar auf Collegeniveau statt.
Ein Studium an amerikanischen Universitäten kostet viel Geld, und es ist schwierig, überhaupt aufgenommen zu werden, weshalb viele meiner Mitschüler versuchen, ein Sportstipendium zu ergattern. Sie stehen unter spürbarem Druck. Ungewöhnlich finde ich, dass einige Lehrer mit zum Teil grenzüberschreitendem Drill versuchen, ihre Schüler zu besseren Leistungen zu bewegen. Die Schulen haben schließlich einen Ruf zu verlieren, mit dem die Schülerschaft und die Finanzausstattung zusammenhängen. Gut ausgestattete Schulen wollen wohlhabend bleiben. Ich profitiere von diesem System, denn ich lerne an einem topausgestatteten Ort mit Theater, 3D-Druckern, Riesenbibliothek, fünf Sporthallen und sieben Außensportanlagen. Aber die Mittel sind nicht gerecht verteilt. Haben Schüler anderer High Schools dieselben Chancen wie viele meiner Mitschüler, die schon morgens mit dem Tesla zur Schule fahren? Sicher nicht.
Trotz dieser Unterschiede habe ich das Gefühl, dass an der Schule jeder willkommen und gerne ein „Dolphin“ – das ist der Spitzname der Schüler – ist. Um ehrlich zu sein, wünsche ich mir diesen Schulstolz und Schulspirit auch in Deutschland. Am meisten ist das während der monatlichen Schulversammlungen spürbar. Egal, ob alle 2000 Schüler unsere Schulhymne grölen, Motivationsreden der Schulleiterin mit der Band begleitet werden (die übrigens täglich probt!) oder das Maskottchen tanzt, bin ich mitgerissen. Und in genau solchen Momenten, wenn ich zu einem Footballspiel unseres Schulteams laufe und an den gelben Schulbussen vorbeikomme, dann fühle ich mich doch wieder wie im Film.
Wir haben keine Bücher, keine Hefte, keine Stifte und arbeiten nur noch mit Computern und Lernvideos. Meiner Meinung nach ist das nicht sinnvoll. Digitalisierung ist super, gleichzeitig aber frage ich mich: Wie viel bleibt wirklich hängen, wenn die allermeisten Tests im Multiple-Choice-Format laufen? Worin ich mir aber sicher bin, ist, dass die meisten Lehrer sowohl in den USA als auch in Deutschland ihr Bestes geben, um Schüler zu unterstützen. Aber welches System ist besser? Diese Frage beschäftigt mich. Manche Schüler passen perfekt in das jeweilige System und andere nicht. Ich wünsche mir eine Schule, die uns abholt bei unseren Talenten, mit dem Bewusstsein, dass Noten nicht alles über die Fähigkeit, Intelligenz und Persönlichkeit eines Menschen aussagen.